400 Jahre: „Hier stehe ich..“
1921 jährt sich der Reichstag zu Worms, auf dem Martin Luther zum Widerruf seiner Thesen aufgefordert wurde und seine berühmte Rechtfertigungsrede hielt. Die Stadt Jena ist in besonderer Weise mit Luther verbunden, wie das Jenaer Volksblatt aus diesem Anlass betont.
Lutherfeier in Jena.
Ehrenpromotionen der Universität.
Um den 18. April, den Tag, an dem vor 400 Jahren Luther in Worms vor dem Kaiser und dem Reichstag stand, würdig zu feiern, hat die theologische Fakultät in Jena einige Ehrenpromotionen vollzogen. Sie hat zu Doktoren der Theologie ernannt: 1. Professor Dr. Georg Dehio, früher in Straßburg, jetzt in Tübingen, einen ausgezeichneten wissenschaftlichen Bearbeiter der Entwicklung der kirchlichen Kunst; 2. Geh. Kirchenrat Wilhelm Krippendorf, den Vorsitzenden des Landeskirchenrats in Weimar und bewährten Fürsorger für alle Anstalten der Inneren Mission in Sachsen-Weimar; 3. Kirchenrat Pfarrer Karl König in Urspringen (Rhön), den Verfasser mehrerer trefflicher theologischer Schriften und sehr regen Mitarbeiter an der Herstellung der einheitlichen evangelischen Landeskirche Thüringens.
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Luthers Grabplatte in der Stadtkirche.
Die gestrige Lutherfeier in der Stadtkirche gab vielen Besuchern Veranlassung, die schön geschmückte Grabplatte Luthers, welche bestimmt war, bei Luthers Grabe in der Schloßkirche zu Wittenberg aufgestellt zu werden, zu besichtigen.
Durch den Verlust der Schlacht bei Mühlberg, welche die Abtretung Wittenbergs zur Folge hatte, wurde der Herzog Johann Wilhelm bestimmt, das in Messing gegossene lebensgroße Bildnis Luthers im August 1571 in der hiesigen Stadtkirche aufstellen zu lassen.
Die lateinische Inschrift lautet:
(Oben über dem Bilde.) „Wir von Gottes Gnaden Johann Wilhelm, Herzog zu Sachsen, Landgraf zu Thüringen, Markgraf zu Meißen, haben dies Bildnis Luthers nicht der Anbetung, sondern des Andenkens wegen hierher gesetzt im Jahre 1571.“
„Siechtum brachte mein Leben dir, Papst, Tod bringet mein Tod dir.“
(Ueber dem Haupte des Bildes.) „Aus diesem sterblichen Leben abgerufen im 63. Lebensjahre, nachdem er der Kirche Gottes in dieser Stadt über 30 Jahre gläubig und glücklich gebautet. Sein Leib aber liegt hier begraben.“
Jes. 52,7. „Wie lieblich sind die Füße derer, die Frieden verkünden.“
(Um den Rand des Bildes.) „Im Jahre 1546 den 18. Feb. Ist der ehrwürdige Mann Martin Luther, Doctor der Theologie, der auch noch im Augenblick des Todes bezeugte, daß, was er gelehrt, die wahre und notwendige Lehre der Kirche sei und seine Seele Gott im Glauben an unsern Herrn Jesum Christum befahl.“
(Neben Luthers Kopf befindet sich sein Wappen, ein rotes Herz mit schwarzem Kreuz in einer weißen Rose mit der Unterschrift „vivit“ (er lebt.)
(Unter dem Bilde stehen nachfolgende Verse, welche den Prof. Hieronymus Ostus zum Verfasser haben*).
„Dieß ist Luthers Bild, mit künstlichem Fleiß vollendet,
Einst, sein teures Gebein würdig zu decken, bestimmt.
Aber die Zeit, sie gestattete nicht, es dorthin zu bringen,
Wie sie das Vaterland damals im tiefsten zerriß.
Darum gebot Wilhelm, Herzog von Sachsen, das Kunstwerk
Unserem Tempel, und hier unserer Stadt zu weihn,
Nicht, um damit das Gebild mahn‘ an den tapferen Mann,
Der uns Deutschen gesammt den Trug aufdeckte, mit welchem
Christliche Völker bedrückt hielt das unheilige Rom.
Welcher des heiligen Römischen Reichs Churwürde getragen,
Johann Friedrich, der Held, edelen Ahnen entstammt,
Hat sich am heiteren Strom der Saale die Schule gegründet,
Daß sie Wächterin sei unseres heiligen Worts,
Daß sie beschäm‘ hochmüth’ge Sophisten mit Worten der Weisheit,
Daß nicht falsches Gesetz unseren Glauben bedrückt;
Doch da die krankende Welt baldigen Ruin sich bereitet,
Schießerei des Irrtums Saat wuchernd schon jetzo empor.
Darum, o Christus, erhalt‘ uns bei Deinem heiligten Worte,
Daß noch in Wahrheit fromm treue Bekenner Dir sind.“
Hieronymus Ostus, geb. zu Schlotheim in Thür., wurde 1552 zu Wittenberg Magister, 1560 Prof. der Philosophie zu Jena, Kaiserin Maximilian II. krönte ihn zum Poeten. Er war der Vorfahre eines in Jena noch lebenden bekannten Professors.
Quelle:
Jenaer Volksblatt vom 18.4.1921
In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00273868/JVB_19210418_089_167758667_B1_003.tif?logicalDiv=jportal_jpvolume_00371311
Bilder:
Jena Stadtkirche Luthers Grabplatte 2 - St. Michael (Jena) – Wikipedia
Stadtkirche St. Michael in Jena 2008-05-24 - St. Michael (Jena) – Wikipedia