100 Jahre Thüringen
Staatskanzlei Thüringen Weimarer Republik e.V. Forschungsstelle Weimarer Republik an der Uni-Jena

Rembrandt im Thüringer Landesmuseum entwendet

Ein äußerst teures und prestigeträchtiges Selbstbildnis Rembrandts wurde in Weimar gestohlen. Der Dieb konnte unerkannt mit seiner Beute entkommen, deren Veräußerung aber schwer fallen wird, wie das Jenaer Volksblatt betont.

Ansicht des heutigen Neuen Museum um 1900

Der Weimarer Museumsdiebstahl.

Zu dem Aufsehen erregenden Diebstahl wird uns von unserem k-Mitarbeiter in Weimar geschrieben:

Der Diebstahl wurde im Laufe des Sonntag vormittag entdeckt und der zurzeit im Auftrage der Reichsregierung in München befindliche Museumsdirektor Dr. Köhler sofort telegraphisch von der weimarischen Regierung zurückbeordert. Inzwischen hatte die Kriminalpolizei bereits die Recherchen aufgenommen und vertritt den Standpunkt, daß es sich um die bereits wiederholt in ähnlicher Weise aufgetretene internationale Bande handelt. Diese Auffassung wird vom Museumsdirektor Dr. Köhler, welcher am Montag nach Weimar zurückgekehrt ist, nicht geteilt, indem er kalkuliert: gewerbsmäßige Spitzbuben von der Art dieser internationalen Kunsträuber wären „sachverständiger“ vorgegangen und hätten den neben dem geraubten Rembrandt hängenden, einen Wert von mehreren Millionen repräsentierenden Tintoretto mitgenommen, anstatt die in verschiedenen anderen Zimmern verteilten verhältnismäßig geringwertigen anderen drei Bilder. Völlig rätselhaft ist, wie der Dieb oder die Diebe gerade auf diese drei Bilder verfallen sind, während die Wände von höchsten Kunstwerten strotzen, auch solchen kleineren Umfanges, die leicht zu transportieren sind. Von Direktor Dr. Köhler sind sofort sämtliche deutsche Museumsorganisationen und deren Zentralen im Ausland sowie die großen Galerien von dem Diebstahl des Rembrandt, der keiner Beschreibung bedarf, benachrichtigt worden. Es handelt sich hier um das weltberühmte Selbstbildnis des niederländischen Meisters, ein Werk aus seiner besten Zeit und ein Jahr nach der berühmten „Nachtwache“ in Amsterdam gemalt. Unnachahmlich ist der Zauber des Helldunkels, aus dem der Kopf in einzelnen Partien goldig herausleuchtet, und wundervoll die tiefe, satte Farbengebung. Das 63X50 Zentimeter große Bildnis ist glatt aus dem Rahmen herausgeschnitten. Dasselbe dürfte, sofern es nicht gelingt, es wieder herbeizuschaffen, insofern zu einer juristischen Streitfrage Veranlassung werden, als es Privateigentum des ehemaligen Großherzogs Wilhelm Ernst ist, welcher es im Jahre 1909 als Leihgabe dem staatlichen Museum überlassen hat; der Staat dürfte also von dem Eigentümer für den Schaden regreßpflichtig gemacht werden, um so mehr, als die weimarische Regierung es an der nötigen Sorgfalt in der Bewachung hat fehlen lassen, trotzdem in der Presse nach den Einbrüchen in Tiefurt und in der Fürstengruft auf eine ständige Bewachung der unermeßliche Werte bergenden Kunst- und Erinnerungsstätten gedrungen worden war. Wie uns von der Museumsleitung versichert wird, ist der mit 3 Millionen Mark bemessene Wert des Rembrandt durchaus nicht zu hoch gegriffen.

[…]

Nach Auffassung der Museumsleitung dürfte es dem Dieb sehr schwer, vielleicht sogar ganz unmöglich werden, den Rembrandt zu seinem vollen Werte an den Mann zu bringen. Das Werk ist zu bekannt und außerdem werden sich auch ausländische Galerien und Sammler hüten, ein aus einer öffentlich und geschichtlich so bekannten Kunststätte gestohlenes Kunstwerk zu erwerben. Aber 3 Millionen auszugeben und dann das Bild verborgen zu halten, so selbstlos ist weder ein Kunstliebhaber noch ein Kriegsgewinnler; man wird also doch vielleicht noch einmal von dem berühmten Werke etwas zu sehen bekommen.

Quelle:

Jenaer Volksblatt vom 13.4.1921

In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00273864/JVB_19210413_085_167758667_B2_002.tif?logicalDiv=jportal_jpvolume_00371307

 

Bild:

Weimar, Thüringen - Museum (Zeno Ansichtskarten) - Neues Museum Weimar – Wikipedia