Medienkrieg um Oberschlesien
Die Lage in Oberschlesien ist weniger als vier Wochen vor der Abstimmung angespannt. Der (pro-polnische) Verein der Oberschlesier in Deutschland legt Beschwerde bei dem französischen Leiter der Abstimmungskommission General Le Rond ein, da er sich in seiner Freiheit zur Propaganda verletzt sieht. Aber auch von deutscher Seite wird eine Beschwerde eingereicht.
General Henri Le Rond (1864-1949)
Die bedrohte Abstimmung
Vor einiger Zeit richtete der Verein der Oberschlesier in Deutschland, der unter deutschem Namen polnische Propaganda betreibt, eine Eingabe an General Le Rond, in der er Beschwerde gegen die deutschen Regierungsstellen führt, weil sie angeblich unzulässigerweise die polnische Propaganda in Deutschland verhindern. Die eingeleitete Untersuchung ergab, daß keine in der Beschwerdeschrift aufgeführten Behauptungen stichhaltig waren. Allerdings hatte eine Reihe von Verhaftungen von Polen stattgefunden, diese Verhafteten waren aber in jedem Falle des versuchten oder vollendeten Stimmenkaufes überführt. Im Gegensatz zu diesem Versuch polnischer Beschuldigungen gegen deutsche Reichsstellen kann die deutsche Regierung ihrerseits nachweisen, daß die polnischen Behörden in Polen und anderen polnischen Gebieten, die früher zu Preußen gehörten, den getroffenen Abmachungen nicht gerecht geworden sind. Namentlich in Polen haben sich die polnischen Behörde geweigert, die Papiere der Stimmberechtigten abzustempeln, auch hate die Polizei einfach die Papiere zurückbehalten. Gerade in diesen Tagen hat die polnische Regierung die Anordnung getroffen, daß Auslandstelegramme nicht mehr zuzustellen seien. Dadurch wird es unmöglich, etwaige Beschwerden telegrafisch anzumelden und zu reklamieren. Die deutsche Regierung hat durch den deutschen Generalkonsul in Posen beim Ministerium der ehemals preußischen Gebiete Einspruch erhoben, ebenso bei General Le Rond und dem preußischen Generalkonsul in Oppeln.
Quelle:
Jenaische Zeitung vom 24.2.1921
In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00283700/JZ_JenaischeZeitung_169419428_1921_0297.tif?logicalDiv=jportal_jpvolume_00400699
