Rechte Konsolidierung der DVP
Im bürgerlichen Parteispektrum ist die nationalliberale DVP unter ihrem Vorsitzenden Gustav Stresemann bereits eine feste Größe. Eine Vereinigung mit der linksliberalen DDP, so wie es im November 1918 geplant worden war, wird immer weniger realistisch, wenn man allein die Haltung der DVP in der sog. Judenfrage bedenkt.
Antisemitischer Zuzug.
Freude herrscht in den Hallen der Deutschen Volkspartei. Die „Großdeutsche Freiheitspartei“ ist in ihr aufgegangen und von ihr mit offenen Armen aufgenommen worden. Die „Großdeutsche Freiheitspartei“ verbreitete vor einigen Jahren viele Aufrufe und Werbeplakate, ohne jedoch irgendwelche Erfolge zu erzielen und ohne sich, wie sie selbst ausführt, „aus eigener Kraft gegenüber den bestehenden Parteien als politischer Machtfaktor durchsetzen zu können“. Was sie besonders charakterisierte war die antisemitische Note. Durch den Eintritt der Großdeutschen Freiheitspartei hat der Antisemitismus offiziell seinen Einzug in die Deutsche Volkspartei gehalten, während ihn bisher die Reichstagsabgeordneten Brünninghaus und Mittelmann nur unoffiziell vertraten und die „völkische“ Gesinnung des Herrn Rippler nur zu Hälfte auf das Konto der Deutschen Volkspartei geschrieben werden konnte, weil seine Zeitung, die „Tägliche Rundschau“, zu 50 Prozent den Deutschnationalen und zu 50 Prozent der Deutschen Volkspartei zur Verfügung steht. Wir sind gespannt, wie Frau Garnich und Herr Rießer sich mit den neuen Brüdern abfinden werden; ob wir allerdings eine Antwort bekommen, ist uns zweifelhaft, da Herr Rießer bisher in Versammlungen die Anfragen über die Stellung der Deutschen Volkspartei zum Antisemitismus mit Stillschweigen übergangen hat.
Quelle:
Jenaer Volksblatt vom 16.2.1921
In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00273818/JVB_19210216_039_167758667_B1_001.tif