100 Jahre Thüringen
Staatskanzlei Thüringen Weimarer Republik e.V. Forschungsstelle Weimarer Republik an der Uni-Jena

Neoromantische Ordensritter

In der zersplitterten Vereinslandschaft des Weimarer Rechtsradikalismus ist der Jungdeutsche Orden einer der mittelgroßen Verbände, aber auch er geriet in Konflikt mit den Sicherheitsorganen, wie dieser sympathisierende Artikel zeigt.

Ordenstreffen am Hermannsdenkmal, 1925

Der verfehmte Jungdeutschland-Orden.

Der Casseler Jungdeutschland-Orden wollte am Sonntag in den Stadtsälen durch einen Ball sein Stiftungsfest begehen. Als Oberpräsident Dr. Schwander davon erfuhr, ließ er die Säle beschlagnahmen, um das Fest zu verhindern. Darauf ließ der Ordensmeister des Jungdeutschland-Ordens, Oberleutnant Marott mehrere Ortsgruppen der Orgesch-Organisation des Bezirks Cassel aufbieten, die in hellen Scharen nach Cassel zogen und vor den Wohnungen des Oberpräsidenten Dr. Schwander und des Oberbürgermeisters Scheidemann gegen die Verhinderung der Veranstaltung protestierten. Auf Befehl des Oberpräsidenten schritten Mannschaften der Sicherheitspolizei ein und lösten den Zug auf. Sie verhinderten auch die einzelnen Gruppen, Versammlungen abzuhalten. Bei Umzügen und Kundgebungen der Kommunisten sind die Behörden nicht so eilig mit Sicherheitspolizei und Auflösung bei der Hand. Die Kommunisten sind ja auch ganz harmlose Tierlein, die keinem Menschen und keinem Staat ein Haar zu krümmen im Schilde führen, der Jungdeutschland-Orden dagegen, ja, das ist eine ganz gefährliche Sache, wenn der einen Ball abhält, dann stehen sämtliche Errungenschaften der Revolution auf dem Spiel, dann marschiert die Reaktion und was weiß der Himmel sonst noch.

Quelle:

Der Deutsche vom 10.1.1921

In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00247701/SDH_19376538_1921_Der_Deutsche_0027.tif

 

Bild:

Bundesarchiv Bild 118-30, Hermanns-Denkmal, Jungdeutsche Tagung - Jungdeutscher Orden – Wikipedia