100 Jahre Thüringen
Staatskanzlei Thüringen Weimarer Republik e.V. Forschungsstelle Weimarer Republik an der Uni-Jena

Zeitungssterben durch Papiernot?

Die Presse der Weimarer Republik ist im Vergleich zu heute ungleich ausdifferenzierter. Jede Partei und jede Region hat mindestens eine Handvoll, wenn nicht hunderte von Zeitungen. Dementsprechend hoch ist der Papierbedarf, was in Zeiten eines allgemeinen Mangels zum Problem wird.

Zeitungspapierrollen (Foto von 1970)

Drohende Katastrophe im Zeitungsgewerbe.

Berlin, 23. März. Eine Aussprache zwischen den Druckpapierfabrikanten und den Vertretern der deutschen Zeitungsverleger-Verbände im Reichswirtschaftsministerium hat nach tagelangen Vorberatungen heute vormittag zu der Erkenntnis geführt, daß die neue ungeheure Preisforderung für Zeitungspapier vom 1. April an weder von der Presse, noch von den Zeitungslesern, noch den Inserenten getragen werden kann. Eine solche Preisfestsetzung würde sich unabwendbar auswirken in stärkster Einschränkung oder gar Stilllegung der Zeitungsbetriebe. Die Lage ist mit keiner früheren vergleichbar. Es geht für die Presse um Sein oder Nichtsein, und was für die Zeitungen gilt, gilt für alle im Zeitungswesen tätigen Einzelkräfte. Angesichts der schweren politischen und wirtschaftlichen Folgen für unser gesamtes öffentliches Leben wird die eiligst einzuberufende Versammlung der deutschen Zeitungsverleger so schwerwiegende Entschlüsse zu fassen haben, wie nie zuvor. Regierungen und Parlamente werden sofort eingreifen müssen, wenn eine sonst unabwendbare Katastrophe verhindert werden soll.

Berlin, 24. März. Im Anschluß an unsere gestrige Information über die Katastrophe im Zeitungsgewerbe, die infolge der ungeheuren Preisforderungen der Papierfabrikanten droht, erfahren wir, daß der Verein Deutscher Zeitungsverleger die gesamten deutschen Zeitungsverleger zu einer allgemeinen Zeitungsverlegerversammlung zum 30. März vormittags 10 Uhr in die Stadthalle nach Hannover einberufen hat, um von der Gesamtheit der Herausgeber der deutschen Zeitungen die plötzlich erforderlich gewordenen, für die Zukunft der deutschen Presse entscheidenden Beschlüsse fassen zu lassen.

Quelle:

Jenaer Volksblatt vom 26.3.1921

In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00273850/JVB_19210326_071_167758667_B1_002.tif?logicalDiv=jportal_jpvolume_00371293

 

Bild:

Rolls of finished newsprint at Macmillan-Bloedel Ltd in the Fraser River Valley, British Columbia, Canada - Zeitungsdruckpapier – Wikipedia