100 Jahre Thüringen
Staatskanzlei Thüringen Weimarer Republik e.V. Forschungsstelle Weimarer Republik an der Uni-Jena

Deutsche Gegenoffensive in Oberschlesien

Mit diesem Aufruf richtet sich Generalmajor Rudolf Höfer an die deutsche Öffentlichkeit. Der unter seiner Führung stehende Oberschlesische Heimatschutz trägt neben der Polizei die Hauptlast der bewaffneten Kämpfe, da die Reichswehr nicht in Oberschlesien eingesetzt werden darf. Während der Kämpfe kommt es zu zahlreichen Übergriffen auf die Zivilbevölkerung.

Karikatur des Simplicissimus

Oberschlesischer Heimatschutz.

Der oberschlesische deutsche bewaffnete Heimatschutz hat sich als Führer den Generalmajor Höfer gewählt. Generalmajor Höfer ist selbst Oberschlesier und hat im Kriege eine schlesische Brigade geführt. Er gilt in ganz Schlesien als besonders volkstümliche Führer, weil er an seine Offiziere sehr scharfe Anforderungen stellte und die Mannschaften gut behandelte. Höfer hat sich außerdem durch persönliche Tapferkeit wiederholt besonders ausgezeichnet. Er hat einen Arm im Kriege verloren und ist derjenige General, den dann der englische Heeresbericht wiederholt einen deutschen einarmigen General nannte, der seine Truppen selber zum Sturm führte. Generalmajor Höfers erster Aufruf an seine Gefolgsleute enthält eine Mahnung, sich von Gegenaktionen noch zurückzuhalten. Er lautet:

Landsleute! Kameraden!

Dem Notschrei der Heimat bin ich gefolgt. Meine Liebe zur Heimat und Euer Vertrauen zu mir berechtigen mich, zu Euch zu reden. Im heiligen Zorn habt Ihr Euch gegen polnische Willkür und Herrschsucht zur Wehr gesetzt. Die Erbitterung über das maßlose Leid, in das Korfantys Banden Eure Brüder und Schwestern gestürzt haben, treibt Euch zum Aeußersten. Ich habt erkannt, daß das Leben nicht der Güter höchstes ist. Ihr kämpft nicht nur für Euer Leben, Ihr kämpft für Eure Heimat, um die Zukunft Eurer Kinder, um deutsche Ehre und um deutsches Recht. Schmachvoll ist heute ein großer Teil unseres Landes polnischer Willkür preisgegeben. Die Interalliierte Kommission hat nicht die Macht, sich gegen Korfantys wohlvorbereitete Rebellen durchzusetzen. Wir wollen nicht dem Zustand der Gewalt, den Korfanty geschaffen hat, einen anderen Zustand der Gewalt nach unserem Interesse entgegenstellen. Wir kämpfen in berechtigter Notwehr. Wir wollen nur die Wiederherstellung des Rechtes, die Wiederherstellung der erschütterten Autorität der Interalliierten Kommission, die Wiederherstellung des Friedens, den Herr Korfanty unserem Oberschlesien geraubt hat. Unser gutes Recht war alle Zeit Richtschnur unseres Handelns und soll es bleiben. Lange haben wir die schnöde Verachtung der Interalliierten Kommission und unseres Rechtes durch die Rebellen mitangesehen. Auch die größte Geduld und Besonnenheit hat ihre Grenzen. Wenn wir heute, zum Sprung bereit, noch an uns halten, so geschieht es nur im Vertrauen auf den Gerechtigkeitssinn der Welt in der Hoffnung, daß in wenigen Tagen im Rate der alliierten Mächte die erlösende Entscheidung darüber fallen wird wie der Autorität der Interalliierten Kommission und dem Rechte in Oberschlesien Geltung verschafft werden soll.

Landsleute! Kameraden! Bis dahin steht mit Gewehr bei Fuß! Wahret Ordnung und Disziplin, laßt Euch durch keine polnische Greueltat zu Vergeltungsmaßnahmen hinreißen. Ehret das Eigentum eines jeden, ob polnische oder deutsch gesinnt. Zeigt Euch würdig des deutschen Namens und Eurer guten und gerechten Sache. Keiner von Euch liebt die Heimat mehr als ich. Ihr kennt mich. Vertraut mir. Ich sehne mich Ihr den Augenblick herbei, wo wir zur Errettung unserer Brüder und Schwestern vorwärts stürmen können. Dann werdet Ihr mich, wie einst in Deutschland schweren Tagen, wieder an Eurer Spitze sehen.

Und Ihr da draußen, da Ihr unter der Rebellen Willkür schmachtet, harret dieses Tages, der Euch die Befreiung bringen wird. Wir kennen Euren Schmerz, wir sehen Eure Tränen, vertraut darauf, daß das Vaterland Euch nicht verläßt.

gez. Höfer.

Quelle:

Jenaer Volksblatt vom 25.5.1921

In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00273898/JVB_19210525_119_167758667_B2_001.tif?logicalDiv=jportal_jpvolume_00371341

 

Bild:

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