Asche zu Asche
Ein neues Verfahren, das noch nicht verbrannte Inhaltsstoffe aus Asche zurückgewinnen kann verspricht einen wirtschaftlichen Vorteil für die deutsche Volkswirtschaft. Das Verfahren wird in Grundzügen erklärt und angepriesen.
Koks- und Kohlegewinnung aus Asche.
Unermüdlicher Ingenieurtätigkeit ist es gelungen, ein selbst in Fachkreisen größtes Erstaunen erregendes Verfahren ausfindig zu machen, um die in den Feuerungsrückständen (Asche) enthaltenen Brennstoffe wieder zu gewinnen. Der Allgemeinheit dürfte kaum bekannt sein, daß die Aschen noch 10 bis 50 Prozent und mehr unverbrannte Bestandteile (Koks und Kohle) enthalten, die bisher der Brennstoffwirtschaft zum allergrößten Teil verloren gegangen sind. Um welche beträchtlichen Brennstoffmengen es sich dabei handelt, zeigt folgende Überlegung: Der Kohlenverbrauch Deutschlands betrug im Frieden rund 150 Millionen To. jährlich. Rechnet man jetzt mit nur 100 Mill. To. Kohleverbrauch und einem Aschenentfall von etwa 20 Mill. To., so ergibt sich eine Menge von mindestens 5 Mill. To. unverbrannter Brennstoffe in den Aschen. Die Reichseisenbahnen allein verbrauchen etwa 15 Mill. To. jährlich; dem entspricht ein Aschenentfall von etwa 2 ½ Mill. To. und eine Menge daraus wiederzugewinnender Kohle von etwa 1 Mill. To., das sind 100 000 Eisenbahnwagenladungen. Die Nutzbarmachung der in den Feuerungsrückständen enthaltenen Brennstoffe ist daher von allergrößter Bedeutung für alle industriellen Unternehmungen, Gasanstalten, Elektrizitätswerke, die Schifffahrt usw. Nach dem neuen, von Fried. Krupp Akt-Ges., Grusonwerk in Magdeburg-Buckau, während des letzten Jahres durchgebildeten und praktisch erprobten Verfahren wird die Asche – im Gegensatz zu älteren und neueren Nassverfahren – auf trockenem Wege in ihre Bestandteile: Schlacke, Koks und Kohle zerlegt. Es wird kein Wasser oder irgendeine andere Flüssigkeit angewendet. Die Brennstoffe werden vielmehr im trockenen Zustand gewonnen, so daß sie ohne besondere Trocknung verfeuert werden können. Auch die feinen Brennstoffteile werden dabei ausgeschieden und können verwertet werden. Das Verfahren beruht auf den magnetischen Eigenschaften der eisenhaltigen Schlacken. Es ist vom Grusonwerk zum Patent angemeldet worden, und die Anmeldung ist vom Patentamt vor einigen Wochen im Reichsanzeiger veröffentlicht worden. In den heutigen Zeiten größter Brennstoffnot verspricht dieses neue Verfahren von ganz hervorragender Bedeutung besonders für die Volkswirtschaft Deutschlands, zu werden.
Quelle:
Der Deutsche vom 11.9.1920
In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00246778/SDH_19376538_1920_Der_Deutsche_0911.tif?logicalDiv=jportal_jpvolume_00307278
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Grusonwerk#/media/Datei:Grusonwerk-krupp_panzergiesserei.jpg