Rechtsfraktion vor der Auflösung
Nach der Landtagswahl bildeten die bürgerlichen Parteien mit Ausnahme der DDP eine Rechtsfraktion, während MSPD und USPD eine Linksfraktion bildeten. Eine stabile Regierungsbildung war auf dieser Basis nicht möglich. Nun zieht die DVP die Reißleine und beschließt die Rechtsfraktion zu verlassen. Kann so die Regierungskrise gelöst werden?
Ein bedeutsamer Entschluß der Deutschen Volkspartei.
Da die Verhandlungen des am 19. September in Erfurt abgehaltenen Vertretertages des Landesverbandes Thüringen der Deutschen Volkspartei, der von allen Landesteilen Thüringens stark beschickt war, eine derartige Ausdehnung gewonnen hatten, daß in der zur Verfügung gestandenen Zeit nur ein Teil der Tagesordnung beraten werden konnte, war auf den 28. September eine neue, wieder zahlreich besuchte Vertreterversammlung nach Erfurt einberufen worden, in der die zurückgestellten Punkte der Tagesordnung in erfreulicher Einmütigkeit erledigt wurden. An der Aussprache über die thüringische Frage beteiligten sich insbesondere Reichstagsabgeordneter Leutheußer, Jena, die Landtagsabgeordneten Dr. Neumann, Jena, Bauer, Sondershausen, Dr. Geyer, Altenburg, Dr. Thümmel, Jena, Dr. Witzmann, Gotha, sowie Dr. Lummer, Jena, Dr. Ebersbach, Gera, Tell, Altenburg, Westphal, Gera, und Dr. Fritze, Meiningen. In den Ausführungen kam einhellig zum Ausdruck, daß mit allen Mitteln dahin gewirkt werden müsse, die Verhandlungen über die Regierungsbildung in Thüringen zu einem baldigen gedeihlichen Abschluß zu bringen. Als Ergebnis der Aussprache wurde folgende Entschließung einstimmig angenommen:
„Der Vertretertag ist einmütig der Auffassung, daß die der Deutschen Volkspartei angehörenden Mitglieder des Thüringer Landestages eine Auflösung der „Vereinigten Fraktion des Landbundes, der Deutschen Volkspartei und der Deutschnationalen Volkspartei“ dann bewirken werden, wenn hierdurch die Schwierigkeiten der Regierungsbildung vermindert werden.“
Die weiteren Verhandlungen ergaben noch die Annahme folgender Entschließungen:
- Der Vertretertag des Landesverbandes Thüringen bedauert die durch nichts gerechtfertigte Schärfe der von seiten der Deutschnationalen Volkspartei in letzter Zeit fortgesetzt gegen die Deutsche Volkspartei gerichteten Angriffe um so mehr, als gerade die Zugehörigkeit zu einer gemeinsamen Fraktion im Lande Thüringen der Deutschnationalen Volkspartei einige Zurückhaltung hätte auferlegen müssen.
- Nachdem nunmehr dank der Mitwirkung der Deutschen Volkspartei in Regierung und Parlament die Zwangswirtschaft im Abbau begriffen ist, richtet der Vertretertag des Landesverbandes Thüringen der Deutschen Volkspartei an Landwirte und Geschäftsleute aller Art dringend die Bitte, in ihren Kreisen dahin zu wirken, daß die Säuberung des Wirtschaftslebens von Wucher- und Schiebertum nunmehr mit Nachdruck durchgeführt wird. Nur dann wird die Erhaltung der freien Wirtschaftsform möglich sein, wenn das Allgemeinwohl über den Eigengewinn und Eigennutz gestellt wird.
Quelle:
Weimarische Landes-Zeitung vom 25.9.1920
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Leutheu%C3%9Fer#/media/Datei:Leutheu%C3%9FerRichard1920.jpg