100 Jahre Thüringen
Staatskanzlei Thüringen Weimarer Republik e.V. Forschungsstelle Weimarer Republik an der Uni-Jena

Die Firma Simson & Co. in der Weimarer Republik

Im Rahmen des Projekts Moderne in der Provinz, haben das Fahrzeug Museum Suhl und der Weimarer Republik e.V. zusammen die Geschichte der Firma Simson & Co. in Suhl vom Ersten Weltkrieg bis zur Zwangenteignung während des Nationalsozialismus untersucht. Mit Unterstützung der Sparkassenkulturstiftung konnte eine Ausstellung entwickelt werden.

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Automobilproduktion in Suhl

Automobilausstellung 1924 (© Fahrzeugmuseum Suhl)

Der Fahrzeugbau hat in Suhl eine lange Tradition. Im Jahr 1903 begannen die Firma Valentin Christoph Schilling und die Niederlassung der Bergmann Industriewerke Gaggenau mit der Montage von Fahrzeugen. Doch die Produktion wurde frühzeitig eingestellt – das Geschäft erwies sich als unrentabel. 1911 war es schließlich der Waffenfabrikant Simson & Co., der den Automobilbau in Suhl wieder aufleben ließ. Aufgrund des 1. Weltkriegs war die Firmenleitung gezwungen, sich ab 1914 auf die Produktion von Rüstungsgütern zu konzentrieren. Kurz nach Kriegsende wurden die Planungen wieder zügig aufgenommen und die Produktion ziviler Güter hochgefahren.
Für die Automobilproduktion war die Einstellung des Konstrukteurs Paul Henze 1922 von großer Bedeutung. Er entwickelte die Vorkriegsmodelle und die Simson Supra Modellreihe. Die Simson Supras wurden ab 1924 zunächst als 4-Zylinder-Modell gefertigt; ab 1925 auch mit 6-Zylinder-Motoren. Die Ausgangslage für die Etablierung der Simson-Supra-Reihe war schwierig. Das Unternehmen war aufgrund des Mantelvertrags mit der Reichswehr gezwungen, größere Produktionskapazitäten für den Militärbereich aufzuwenden. Außerdem endete im Oktober 1925 die Einfuhrbeschränkung ausländischer Kraftfahrzeuge, was die Konkurrenzsituation verschärfte. Dennoch wussten die technische Ausstattung, die moderne Karosserieform und die ausgeprägte Sportlichkeit vor allem bei der kaufkräftigen Kundschaft zu überzeugen. Die Vorzüge bestanden in einer spannungsregulierten Lichtbatteriezündung, einer 7-fach gelagerten Kurbelwelle und einem 4-Gang-Getriebe. Zudem verstand es die Firma Simson & Co., die bekannte und bewährte Waffen- mit der jungen Automobilfertigung geschickt in Verbindung zu setzen und zusammen zu bewerben. Die zahlreichen Rennerfolge der Simson Supras halfen, den hervorragenden Ruf der Marke aufzubauen.

Preisliste Simson Supra (© Fahrzeugmuseum Suhl)

1930 führte Simson & Co. mit dem 8-Zylinder-Modell die größte Motoren-Gattung ein, welche die Position im Oberklasse-Sortiment weiter festigen sollte. Erneut waren die Rahmenbedingungen ungünstig. Die Weltwirtschaftskrise wirkte sich negativ auf den Absatz der gesamten Automobilbranche aus. Ungefähr zwei Drittel aller deutschen Automobilhersteller mussten Insolvenz anmelden. Große Unternehmen, wie Daimler-Benz und die Auto-Union, verdrängten kleinere Unternehmen. So brach auch der Absatz der Marke Simson Supra stark ein. In dieser schweren Zeit sicherte vor allem die krisenfeste Zusammenarbeit mit der Reichswehr das Überleben des Suhler Unternehmens.
Das Ende der Firma Simson & Co. begann mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Die jüdischen Inhaber wurden aus dem Unternehmen gedrängt und die Fertigung ziviler Güter stark reduziert. Von Februar bis August 1934 wurden noch fünf Simson Supra hergestellt. Die Produktion wurde am 1. September eingestellt.

Heikle Zusammenarbeit mit der Reichswehr

Werbeanzeige der Waffenfabriken Simson & Co. (© Fahrzeugmuseum Suhl)

Als der Krieg 1918 vorüber war, ging die Unternehmensleitung von Simson & Co. davon aus, dass im Zuge der Umstellung auf die Friedenswirtschaft ein rascher Ausbau der zivilen Produktion vonnöten sei. Doch die Nachwirkungen beeinflussten das Unternehmen auch über das Jahr 1918 hinaus. In Artikel 168 des Friedensvertrags von Versailles wurde festgelegt, dass die Herstellung von Kriegswaffen nur von Firmen vorgenommen werden durfte, die von der Entente ausgesucht worden waren. Die Interalliierte Militär-Kontrollkommission (IMKK) bestimmte die Suhler Firma Simson & Co. als alleinigen Lieferanten für Infanteriewaffen. Diese Wahl fiel für viele Konkurrenten, das Heereswaffenamt und nicht zuletzt die Unternehmerfamilie Simson überraschend aus. Die Folge waren zahlreiche Spekulationen um den unerwarteten Ausgang des Auswahlverfahrens, die von einer »Verschwörung der jüdischen Unternehmer mit dem feindlichen Ausland« ausgingen und sich antisemitischer Vorurteile bedienten. Über die wahren Beweggründe der IMKK kann nur spekuliert werden. Sehr wahrscheinlich erhoffte man sich durch die Wahl eines kleineren Rüstungsunternehmens, das gänzlich unerfahren bei der Herstellung von Maschinengewehren war und noch dazu die Schäden eines großen Brandes in der Gewehrfabrik im Jahr 1918 kompensieren musste, Produktionsengpässe in der deutschen Rüstungsindustrie hervorzurufen.

Das Gewehr 98: Die Standardwaffe der Infatrie wurde in Suhl gefertigt (© Bundesarchiv Bild 103-018-057)

Nach zähen Verhandlungen mit dem Reichswehrministerium kam es 1925 zum Vertragsschluss, der rückwirkend ab 1924 für die nächsten zehn Jahre galt. Zwar brachte die Zusammenarbeit mit dem Militär Prestige und einen krisensicheren Absatz, was sich vor allem in den Jahren der Weltwirtschaftskrise positiv bemerkbar machte, es brachte das Unternehmen aber auch in eine heikle Situation. Denn von Beginn an waren die Wiederaufrüstungspläne, vorbei an den Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrags, Teil der inoffiziellen Verhandlungen mit dem Heereswaffenamt. Dabei ging es dem Reichswehrministerium darum, Vorkehrungen für künftige Kriege zu schaffen. So wurde das Unternehmen als Zwischenlager für Maschinen und Ingenieure genutzt, die später auf andere Fabriken verteilt werden sollten. Dies führte dazu, dass das Unternehmen den Maschinenbestand bis 1934 verdoppelte und auch die Zahl der Beschäftigten im Militärbetrieb deutlich anwuchs. Dabei wurden Mittel gebunden, die vormals für den Ausbau der zivilen Produktion vorgesehen waren. Der lukrative Vertragsschluss mit der Reichswehr wurde auf Kosten der unternehmerischen Eigenständigkeit erkauft. Zudem beteiligte man sich durch die Unterwanderung der Bestimmungen des Friedensvertrags am Gesetzesbruch, der nach Bekanntwerden ernstzunehmende Sanktionen hätte nach sich ziehen können.
Ein juristisches Nachspiel hatte die Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und den Simson-Werken erst nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Während des Prozesses zur »Arisierung« fungierte das Heereswaffenamt lange Zeit als Fürsprecher für den langjährigen Geschäftspartner Simson & Co., gegen die Korruptionsvorwürfe und Enteignungsabsichten der Nationalsozialisten. Politischer Druck und die zunehmende »Gleichschaltung« des militärischen Stabs ›zwangen‹ das Amt aber, von dieser Position abzurücken.

Südthüringen im Kapp-Lüttwitz-Putsch 1920

Vom 13. bis 15. März 1920 steht Berlin unter Kontrolle der Putschisten (© Bild 183-J0305-0600-003)

Mit Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages verpflichtete sich das Deutsche Reich, sein Heer auf 100.000 Soldaten zu reduzieren. Der Kommandeur der Vorläufigen Reichswehr in Berlin, General Walther Freiherr von Lüttwitz, nahm das zum Anlass, einen Staatsstreich zu konspirieren. Am 12. März 1920 befahl er dem rechtsextremen Elite-Freikorps der Marine-Brigade Ehrhardt den Marsch auf Berlin, um die demokratische Regierung zu stürzen. Am darauffolgenden Morgen flüchtete diese nach Dresden, später nach Stuttgart. Währenddessen erklärten die Putschisten den rechtsextremen Politiker Wolfgang Kapp zum Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten. Der Putsch scheiterte nur wenige Tage später am entschlossenen Handeln der demokratischen Politiker, der Gegenwehr bewaffneter Arbeiter und aufgrund des größten Generalstreiks in der deutschen Geschichte. Indes stürzte er weite Teile des Landes ins Chaos.
Die Industrieregionen im preußischen Suhl und dem der Republik Gotha zugehörigen Zella-Mehlis waren Zentren der Arbeiterbewegung. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Kapp-Lüttwitz-Putsches gründeten sich hier Aktionsausschüsse der Arbeiterparteien. Der Generalstreik wurde ausgerufen, Arbeiterwehren formiert, mit beschlagnahmten Waffen aus den örtlichen Rüstungsunternehmen ausgerüstet und gegen die in der Region stationierten Reichswehrtruppen in Stellung gebracht.

Das Suhler Rathaus nach den Kämpfen zwischen Arbeitern und Reichswehrsoldaten 1920 (© Fahrzeugmuseum Suhl)

Beim Versuch der Suhler Arbeiterwehr, die bürgerliche Einwohnerwehr am 14. März zu entwaffnen, kam es zu ersten Auseinandersetzungen. Tags darauf setzte sich eine Abteilung der Meininger Reichswehr-Garnison in Richtung Osten in Bewegung. Am Morgen des 15. März besetzten Soldaten das Suhler Rathaus, die Post sowie den Bahnhof und verhängten den Belagerungszustand. Ein Unbeteiligter wurde erschossen. Verhandlungen lehnten die Offiziere ab. Infolgedessen eskalierte die Gewalt: In umliegenden Ortschaften zogen sich Arbeiterwehren zusammen und aus den Ehrhardt-Werken in Zella-Mehlis wurden zwei Kampfwagen in Bewegung gesetzt. Bis zum Nachmittag brachten die Arbeiter Suhl damit unter ihre Kontrolle. Bei den teils heftigen Gefechten starben drei Angehörige der Arbeiterwehren, mindestens sechs Soldaten, ein Mitglied der Einwohnerwehr sowie ein Postbeamter. Rund 80 gefangene Soldaten wurden anschließend nach Zella-Mehlis gebracht.
Währenddessen konnte ein zweiter Vorstoß mit einem Zug der Reichswehr an der Bahnstrecke von Arbeitern bei Dietzhausen zurückgeschlagen werden. Im Anschluss an diesen Sieg marschierten rund 1.000 Angehörige der Südthüringer Arbeiterwehren zum Militärstützpunkt Ohrdruf und schlossen sich der spontan gebildeten 1. Thüringer Volkswehrarmee an, die unter hohen Verlusten in die Kämpfe um Gotha eingriff. Nachdem auch diese Stadt unter Kontrolle gebracht werden konnte, sollte der Vormarsch nach Erfurt fortgesetzt werden. Angesichts der Beendigung des Putsches und des massiven Einmarsches der Reichswehr aus Hessen nach Thüringen nahmen die Verbandsführer jedoch Verhandlungen auf, durch die letztlich eine Besetzung der Städte Suhl und Zella-Mehlis durch das Militär verhindert werden konnte. Die Befriedung des Südthüringer Umlands dauerte noch bis in den April 1920.

Tilly Kotte und Rennwagen aus den Simson-Werken

Otto Reif und Richard Bauer beim Heinbergrennen 1924 (© Fahrzeugmuseum Suhl)

Mit der Einführung des Simson Supra begann für den Automobilbau der Firma Simson & Co. 1924 eine neue Zeitrechnung. Die Modellreihe überzeugte das Fachpublikum durch seine ausgeprägte Sportlichkeit und erfreute sich bei einem wohlhabenden Abnehmerkreis großer Beliebtheit. Einen nicht zu unterschätzenden Anteil am hervorragenden Renommee der Marke hatten auch die Erfolge auf den Rennstrecken Europas. Ab 1925 waren die Simson Supras an allen namhaften Motorsportwettkämpfen beteiligt. In einer Zeit, in der die Begeisterung für den Rennsport breite Bevölkerungskreise erfasste und Rennfahrer zu Helden aufstiegen, waren Rennerfolge die beste Werbung für die Autohersteller. Mit zahlreichen Siegen steigerte vor allem das Fahrerteam um Otto Reif und Richard Bauer die Popularität der Simson-Werke in den 1920er-Jahren. Doch waren es nicht ausschließlich Männer, die den Rennsport der Zwischenkriegszeit dominierten. Zum Phänomen jener Zeit gehörten auch Frauen, die aus den überkommenen Geschlechterrollen ausbrachen und sich als »Selbstfahrerinnen« im Straßenverkehr und im Rennsport hinter das Steuer wagten. Bereits vor dem 1. Weltkrieg wurden Frauen mit der Bedienung von Fahrzeugen im Rahmen von Vorbereitungskursen zur Übernahme ausgewählter, militärischer Dienste vertraut gemacht. So ließen sich in Suhl 1913 einzelne Mitglieder des »Vaterländischen Frauenvereins« für mobile medizinische Hilfsdienste an verwundeten Soldaten ausbilden. Die technische Weiterentwicklung und die damit einhergehende, erleichterte Bedienbarkeit der Fahrzeuge ermöglichte nach dem Krieg schließlich immer mehr Frauen, ein Automobil zu steuern. 1926 schlossen sich einige überzeugte Automobilistinnen im Deutschen Damen- Automobil-Club (DDAC) zusammen. Ziele der Vereinigung waren unter anderem die Förderung von Rennfahrerinnen und die Organisation von Rennsportveranstaltungen für Damen.

Tilly Kotte mit ihrem Simson Supra (© Fahrzeugmuseum Suhl)

Eine der Frauen, die sich sehr erfolgreich in die männerdominierte Rennsportszene vorwagten, war die aus Dresden stammende Tilly Kotte. Da ihr Mann, Ernst Kotte, die sächsisch-schlesische Vertretung der Simson-Automobile leitete, kam sie früh in Berührung mit den Fahrzeugen aus Südthüringen. Durch ihre Aufgaben im Familienunternehmen, die unter anderem die Überführung von Fahrzeugen und Besuche am Produktionsstandort Heinrichs beinhalteten, konnte sich Tilly Kotte sowohl mit den Fahreigenschaften als auch mit den technischen Details der Simson-Fahrzeuge vertraut machen. Schließlich errang sie mit ihrem Simson Supra Typ S 8/40 in den Jahren zwischen 1926 und 1930 zahlreiche Erfolge. Vor allem im Geschicklichkeitsfahren zeichnete sich Kotte durch eine besonders versierte Fahrzeugbeherrschung und ein außerordentliches Feingefühl aus. Die angespannte wirtschaftliche Lage im Zuge der Weltwirtschaftskrise erforderte jedoch die Konzentration von Ernst und Tilly Kotte auf das Familienunternehmen und verhinderte damit weitere Rennteilnahmen. Trotz ihrer vergleichsweise kurzen Karriere als Rennfahrerin nimmt Tilly Kotte in der Rennsportgeschichte des Unternehmens Simson & Co. einen besonderen Platz ein. Sie steigerte mit jedem Sieg nicht nur die Bekanntheit der Marke Simson Supra, sie förderte auch das Renommee des gesamten Thüringer Unternehmens.

Die Firma Simson & Co. in der Weimarer Republik

Mitarbeiter der Simson-Werke vor einer Automobil-Karosserie, 1924 (© Fahrzeugmuseum Suhl)

Wie alle Rüstungsunternehmen stand auch Simson & Co. 1918 vor der schwierigen Aufgabe die zügige Umstellung von der Kriegs- auf die Friedenswirtschaft einzuleiten. Der notwendige Stellenabbau ging auf Kosten der ca. 500 Arbeiterinnen und der zahlreichen Hilfsarbeiter. So musste das Unternehmen die Belegschaft von maximal 6.000 Arbeitern während des Krieges auf ca. 3.500 Arbeiter im Jahr 1918 reduzieren. Teil der Umstrukturierung war auch die Neuordnung der internen Betriebsabläufe. Die Unternehmensleitung nutzte die freigewordenen Produktionskapazitäten der Rüstungssparte, um die Angebotserweiterung der hergestellten Waren voranzutreiben. Dadurch gelang es die Fertigung ziviler Güter, wie Fahrräder und Automobile, zu steigern.
Zudem wurden Rationalisierungsmaßnahmen nach amerikanischem Vorbild durch den technischen Direktor Walter Baetz vorangetrieben. Die einzelnen Fertigungsabschnitte wurden auf ihre Rentabilität geprüft, der Materialeinkauf neuorgansiert und ein modernes Buchungssystem eingeführt. Nahezu all diese Maßnahmen konnten nur gegen den Widerstand der Belegschaft durchgesetzt werden, die im Zuge der sozialpolitischen Reformen in der Weimarer Republik weitaus mehr Rechte und Einflussmöglichkeiten genoss als noch im Kaiserreich. Die Unternehmensleitung schaffte es aber die betriebliche Mitbestimmung der Arbeiterschaft und die konsequente Umsetzung des Acht-Stunden-Tages durch zahlreiche Ausnahmeregelungen beim Gewerbeaufsichtsamt in Erfurt einzuhegen.

Arthur Simson mit Familie (© Fahrzeugmuseum Suhl)

Die entschlossene Modernisierung und Erweiterung des Sortiments, gepaart mit der einträglichen Reichswehr-Kooperation ab Mitte der 1920er-Jahre, verhalfen dem Unternehmen die Wirtschaftskrisen der Weimarer Jahre zu überstehen. Wenngleich vor allem der konjunkturelle Einbruch der Jahre ab 1929 für den zivilen Produktionsbereich große Einschnitte zur Folge hatte. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten konnte das Unternehmen, trotz geringerer Auftragslage und Massenentlassungen, seine Stellung am Markt behaupten. Ein Nebeneffekt des Erfolgs war die Missgunst gegenüber der jüdischen Unternehmerfamilie, die als »Kriegsgewinnler« und »Händler des Todes« bezeichnet wurde. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise wurden Rufe der lokalen Konkurrenz laut, die nach einem Zusammenschluss der Suhler Waffenfabriken verlangten. Auf diese Weise sollten alle Suhler Fertigungsbetriebe von der krisensicheren Zusammenarbeit mit der Reichswehr profitieren.
Diese Forderung und die Diffamierungen gegenüber der Familie Simson wurden von den Nationalsozialisten dankbar aufgegriffen. Deren Machtübernahme und das Ende der Weimarer Demokratie läutete auch das Ende des Familienunternehmens Simson & Co. ein. Bereits 1934 wurde ein Prozess gegen die Unternehmensleitung um Geschäftsführer Arthur Simson angestrengt. Der – politisch gewollte – »Schuldspruch« erfolgte 1935 und zwang die Familie, das Unternehmen in das Eigentum der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft « zu übergeben; was einer entschädigungslosen Enteignung gleichkam. Im darauffolgenden Jahr emigrierten die ehemaligen Inhaber in die USA und kehrten nie wieder nach Deutschland zurück.