100 Jahre Thüringen
Staatskanzlei Thüringen Weimarer Republik e.V. Forschungsstelle Weimarer Republik an der Uni-Jena

„Weimar 1919 - Als die Deutschen erstmals die Demokratie probierten“ -
Eine Demokratieforschung vor Ort


Schülerinnen und Schüler des Goethegymnasiums Weimar haben sich das Jubiläumsjahr zu 100 Jahren Weimarer Republik zum Anlass genommen, um sich intensiv mit den Ereignissen des Jahres 1919 in der kleinen Residenzstadt und der Demokratie im Allgemeinen zu beschäftigen. Daraus ist ein spannender und interaktiver Stadtrungang entstanden. Die Inhalte des Rundgangs und Erkenntnisse aus dem Erarbeitungsprozess, sollen in eine Ausstellung einfließen, die im Rahmen des Projekts Moderne in der Provinz erstellt wird.

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Stadtrungang Goethe-Gymnasium Weimar (© Goethe-Gymnasium Weimar)

Im 100. Jubiläumsjahr der ersten demokratischen Verfassung auf deutschem Boden sowie der Weimarer Republik, aber auch der Erinnerung an 70 Jahre Grundgesetz und 30 Jahre Mauerfall erarbeitete die Klasse 9b im fächerverbindenden Projektunterricht von Deutsch und Geschichte einen interaktiven Stadtspaziergang, der die Teilnehmer an Originalschauplätzen der Demokratiegeschichte zum Nachdenken über ihre Fragen in der Gegenwart einlädt.

Was ist Schule heute und wie funktioniert darin das Lernen... das ist eine beständige Frage, die sich im besten Falle allen Beteiligten regelmäßig neu stellt, die sich dennoch nicht immer zwingend neu, aber doch immer mit dem Blick auf die Gegebenheiten anders beantworten lässt.
Denn welche zentralen Kompetenzen können das Fundament der Zukunft sein, von der wir nicht genau wissen, aus welchen Anforderungen genau sie besteht?

Ganzheitliche Lernprozesse sind sehr komplex und nicht immer vollständig planbar. Sie unterliegen vielen Einflüssen und Abhängigkeiten in einer sich schnell entwickelnden Welt. Trotzdem sollen und müssen sie in ihrem Ergebnis Bestand haben. So ist es zumindest gedacht. Lernen ist demzufolge also auch immer anteilmäßig experimentell. Lernen bleibt der Versuch, in die Zukunft zu bauen. Ob es gelingt, wird und kann nur diese unter Beweis stellen.

Stadtrungang Goethe-Gymnasium Weimar (© Goethe-Gymnasium Weimar)

In dem hier abgebildeten Projekt ist viel geschehen und sehr viel geglückt. Es umfasst die Unterrichtsarbeit zweier Fächer aus einem Schuljahr. Es stellt in seinem Endergebnis aber vor allem das besondere Zusammenfließen vernetzter Inhalte, Themen und Arbeitsprozesse unterschiedlichster Menschen und Sachgebiete dar. Es verknüpft  Lernen und Vermitteln, Forschen und Erkennen, Gruppe und Individualität. Es verbindet Weimar und Berlin, die Gesellschaftswissenschaft mit der Kunst sowie die Sprache mit der Politik. Vor allem aber entgrenzt es das Gestern zum Heute.

Dies konnte gelingen, weil wir uns dem entsprechend Zeit nahmen. Es konnte gelingen, weil uns in der Schule die räumlichen sowie personellen Rahmenbedingungen ermöglicht wurden, weil uns die Stadt, in der wir leben, ein sehr lebendiges Lehrbuch ist, weil wir die fachlichen und räumlichen Potenziale der außerschulischen Partner nutzen und wir aus dem gedanklichen und zeitlichen Engagement aller immer wieder Motivation für unser Durchhaltevermögen schöpfen konnten. Denn es bedeutet immer ein kräftezehrendes Wagnis, sich auf etwas einzulassen, von dem das Ergebnis nicht fest steht. Aber es ist aus unserer Sicht sehr wichtig, die Schwierigkeiten, die Lernmöglichkeiten sowie die unerwarteten Glücksmomente kennen zu lernen und zu vermitteln, die mit visionärer Neugier in Verbindung stehen. Dafür sei allen gedankt. Allen beteiligten Schülern und Eltern der jetzigen Klasse 10b sowie unseren Kollegen, dem Weimarer Republik e.V. mit Markus Hünniger, dem Stadtmuseum Weimar mit Herrn Dr. Rößner, dem DNT mit der Leiterin der Besucherabteilung sowie der Dramaturgie. Es war für uns alle ein sehr bedeutsames Jahr.

Die Stationen des Stadtspaziergangs

Stadtrundgang Goethe-Gymnasium Weimar (© Goethe-Gymnasium Weimar)

Der Spaziergang wurde von 7 selbstständigen Gruppen von je 3 bis 5 SchülerInnen erarbeitet. Jede Gruppe recherchierte zu einem eigenen spezifischen Thema im Rahmen der Projektidee und verorten ihr Thema und die entsprechende Station des Rundgangs des an einem authentischen Ort in Weimar.



1. Gruppe: eigen entwickeltes praktisches Experiment, bei dem Teilnehmer sich drei Mal, zwischen vier thematisch im Stadtspaziergang wiederkehrenden Schlagwörtern entscheiden müssen; in erster Runde selbstständig, in zweiter Runde als eine Gruppe auf ein Schlagwort einigen
sorgt dafür, dass Teilnehmer die Probleme der Demokratie spüren (z.B. Minderheit bleibt stur auf einem Schlagwort)
auf Platz der Demokratie

2. Gruppe: lässt Teilnehmer, anhand von Infokarten politische Positionen und Einstellungen, von Vertretern aus Parteien bei der Weimarer Nationalversammlung vorstellen
auf dem Theaterplatz, vor dem DNT

3. Gruppe: stellt Persönlichkeiten Hardt und Gropius vor, Hardt mit Fokus auf seine Arbeit als Intendant am DNT, Gropius mit Fokus auf Leitung von Bauhaus
auch hier Teilnehmer durch Vorstellung von Infokarten und Eigenformulierungen am Inhalt eingebunden
Direkt vor dem DNT

4. Gruppe: Vorstellung der Rolle der Frau im Bauhaus, anhand von spezifischen Beispielen, Teilnehmer durch Vorlesen von Zitaten interaktiv partizipiert
vor Bauhaus Universitätsbibliothek

5. Gruppe: beispielhafte Darstellung von Wirtschaftskrise nach Beendigung des Ersten Weltkrieges anhand von Schwarzmarkt und Familienalltag
in der kleiner Seitengasse “Seifengasse”

6. Gruppe: Reden von links - und rechtsextremen Anführern, Teilnehmer während Reden durch Kärtchen zu Anhängern von Links, Rechts oder Mitte (Sozialdemokratie), revolutionäres Einkesseln mit Demonstrationssprüchen der Sozialdemokraten in Mitte, mit dem Ziel die damalige Situation der Sozialdemokratie darzustellen und nachzuempfinden
auf dem Marktplatz

7. Gruppe: mit Teilnehmern zusammen Papierschiffe bauen, metaphorisch für die
Demokratie, werden in Ochsenauge (ruhige Quelle) gesetzt, Schiffe bewegen sich nicht → Metapher für Demokratie, die ohne Mitmischen und Ambition der Menschen sich nicht bewegt, nicht lebendig ist, droht unterzugehen (Metapher wird erklärt, in Verbindung mit Aufruf an alle Teilnehmer mitzumischen)
“Ochsenauge” im Ilmpark