100 Jahre Thüringen
Staatskanzlei Thüringen Weimarer Republik e.V. Forschungsstelle Weimarer Republik an der Uni-Jena

Große Teile der Abgeordneten des Reichstages betrachteten den 11. August in diesem Jahr als Symbol für die tiefe gesellschaftspolitische Krise im Deutschen Reich. Diese war durch den Einmarsch französisch-belgischer Truppen ins Ruhrgebiet, den finanziell ruinösen und politisch aussichtslosen „passiven Widerstand“ deutscher Behörden in den besetzten Landesteilen und eine scharfe innenpolitische Polarisierung ausgelöst worden. Der langjährige preußische Innenminister Carl Severing sprach im Rückblick von der „trübsten Verfassungsfeier der Nachkriegszeit“. Ausdruck der sich verschärfenden Lage war der Rücktritt der Reichsregierung unter Wilhelm Cuno ausgerechnet am Tag der Reichsverfassung, nachdem ihm die SPD-Fraktion im Reichstag das Vertrauen entzogen hatte. Außerdem wurde der Verfassungstag durch den Streik in den Berliner Verkehrsbetrieben beeinträchtigt und von Hungerunruhen unter Teilen der Bevölkerung und gewaltsamen Protesten überschattet, denen mehrere Dutzend Menschen zum Opfer fielen.

August Frölich, Porträt 1926, Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung, 6/FOTA048942.

Unter ganz anderen Vorzeichen verlief die zweite Reichverfassungsfeier in Weimar. Die Festansprache aus Anlass des 11. August hielt erneut ein führender Repräsentant der Thüringischen Staatsregierung, der linke Sozialdemokrat August Frölich. Er stand einer von der KPD tolerierten Minderheitsregierung aus SPD und USPD vor. Frölich führte aus, „daß zwar heute keine Zeit sei, rauschende Feste zu feiern, daß man aber trotzdem des Tages der deutschen Verfassung gedenken müsse. Bisher habe die Deutsche Republik nur kritische Zeiten durchmachen müssen. Wie ein junger Baum sei sie hin und her geschüttelt worden. […] Aber trotzdem hoffen die echten Republikaner auf bessere Zeiten und wissen genau, daß keine andere Staatsform uns das Heil bringen kann.“ Die ganze Rede Frölichs habe verraten, wie sehr die junge Republik noch um Akzeptanz ringen musste. Denn Frölich sah die Verteidiger der Republik eher in der Defensive: „Der echte Republikaner müsse in heutiger Zeit Bekennermut genug besitzen, der heute vollkommen fehle.“ (Riederer 2015)

Altenburg


11. Aug. 1923

Veranstalter, Tagungsort und überlieferte Zahlen der Teilnehmer:

Stadt Altenburg, amtliche Verfassungsfeier auf dem Marktplatz

Hauptredner, Akteure und Gestalter vor Ort:

Festredner: Stadtdirektor Karl Schuhmacher, Störung seiner Rede durch Zwischenrufe von Kommunisten; breite Beteiligung der Schuljugend an den Spielen im Rahmen der Reichsjugendwettkämpfe.

Format und Ausstattung der Verfassungsfeier:

GZ, 14.8.1923, S. 2

Weimar


11. Aug. 1923

Veranstalter, Tagungsort und überlieferte Zahlen der Teilnehmer:

Stadt Weimar, Deutsches Nationaltheater, Theaterplatz

Hauptredner, Akteure und Gestalter vor Ort:

Ansprache von Staatsminister August Frölich (SPD), auf dem Balkon des DNT zeigten sich: Stadtdirektor Walther Felix Mueller, Justizminister Dr. Roman Rittweger, der Vorsitzende des Stadtrates und Lehrer am Lyzeum, Otto Junker, der der konservativen „Freien Vereinigung für städtische Interesse“ angehörte.

Format und Ausstattung der Verfassungsfeier:

AThLD, 12.8.1923; Auf den Festakt im Deutschen Nationaltheater folgte ein zweitägiges Volksfest mit Konzert im Park (Riederer 2015, 4).